Freitag, 21. November 2014

Petra Hartlieb : Meine wundervolle Buchhandlung




Dass es Menschen gibt, die mit ihrer Buchhandlung scheitern, lesen wir derzeit viel zu oft. Dass es auch Menschen gibt, die mit ihrer Buchhandlung Erfolg haben, lesen wir viel zu selten. Petra Hartlieb will das ändern.
Das ist alles gar nicht so geplant, das mit der Buchhandlung. Nebenbei und aus einer Schnapsidee heraus bieten die Hartliebs auf eine Buchhandlung in Wien, die ihnen dann gehört. Und nebenbei fällt ihnen dann auf, dass es vielleicht doch gar nicht die beste Idee war, schließlich wohnen sie doch in Hamburg. Er, ausgebildeter Buchhändler, tätig in einem großen deutschen Verlag. Sie, Literaturkritikerin. Beide in Hamburg lebend, mit der gemeinsamen Tochter und dem großen hippiesken Sohn.
Dann eben doch nach Wien, Sachen packen, bei Freunden wohnen, auf der Klappcouch schlafen, ein Kleinkind betreuen, eine Buchhandlung einrichten und das Gefühl, sich doch übernommen zu haben. Und am Ende: Doch alles gut! Jedenfalls bis zum ersten Weihnachtsgeschäft, dann wird vielleicht doch alles ein bisschen viel. Das mit der Buchhandlung und den Kunden, das mit dem Kind und dem Wohnungsumbau. Aber Ende Dezember dann: Doch alles gut!
Das Personal, das auf den ungewöhnlichsten Wegen gefunden wird, kann ganz hervorragende Eintöpfe und Aufläufe kochen, die es im Weihnachtsgeschäft in die Küche schafft und auch sonst können diese Menschen alles ganz hervorragend und ein bisschen besser als andere. Und vor allem: früher!  Als erste erkennt Petra Hartlieb, dass Amazon seine Mitarbeiter nicht mit Lasagne und Erbseneintopf durch das Weihnachtsgeschäft bringt und danach erst weiß es die ganze Branche.
Sie teilt sich mit bekannten Autoren das Taxi, trifft sie zum Abendessen, umarmt sie auf der Buchmesse und spaziert mit ihnen durch Wien. Nebenbei ist sie die antiautoritärste Mutter des Landes, man kann es ja nicht zu oft sagen und als der Sohn die Schule schmeißen will, fliegt sie nach Hamburg, trifft seine Freunde, besucht ihn in seiner WG und dann schmeißt er die Schule doch nicht, wird Lehrer. Also doch: Alles gut!
Das andere, das kleine Kind, das bei seiner Einschulung an "ein rumänisches Waisenkind" erinnert, ist streckenweise der sympathischste Charakter dieser Erfolgsgeschichte, was vielleicht daran liegt, dass seine Mutter es als an ein "rumänisches Waisenkind" erinnerndes Kind beschreibt. Über die nächsten zwanzig Seiten die Frage, ob einem wirklich das rumänische Waisenkind in den Kopf kommt, aber schließlich wird die Buchhandlung auch von vier Ausländern und zwei Österreichern umgebaut. Und während auf die Österreicher im weiteren Verlauf ganz verzichtet werden kann, ist doch ziemlich wichtig zu betonen, dass die Ausländer Yusuf, Ali, Dragan und Fasgavic heißen und genau so reden, wie man es von ihnen erwartet. Nämlich zum Beispiel so "Sagst du Chefin, wie breit da Tür?".
Man kann "Meine wundervolle Buchhandlung" lesen, an manchen Stellen zwei Augen zudrücken und sich immerhin darüber freuen, dass das ganze Unterfangen eine Buchhandlung zu betreiben glücken kann und dass es Menschen gibt, die darüber berichten. Dass nicht nur ihre Buchhandlung wundervoll ist, sondern offenbar auch Petra Hartlieb selbst, ihr Mann, die Kinder, ihre Mitarbeiter, all ihre Buchtipps, 90% ihrer Kunden und vor allem Petra Hartlieb selbst, kann man achselzuckend zur Kenntnis nehmen und versuchen, nicht weiter darüber nachzudenken oder das Buch genervt zuklappen. Macht man das nicht, liest man es als eine Hommage an den unabhängigen Buchhandel, den wir brauchen und der am Ende doch eines ist: gut!
 

"Meine wundervolle Buchhandlung" ist bei Dumont erschienen, hat 208 Seiten und kostet 18,00 Euro.

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